Die Wissensdatenbank mit Begriffen rund um's Thema Kunststoff
In diesem kostenfreien Onlinenachschlagewerk finden Sie zahlreiche Begriffserklärungen zum Werkstoff Kunststoff. Diese sind gerade auch für Quereinsteiger eine kleine Starthilfe in die umfangreiche Welt der Kunststoffverarbeitung.
Das Zeit-Temperatur-Verschiebungsprinzip (engl. Time-Temperature-Superposition Principle, TTSP) ist ein fundamentales Konzept in der Polymerphysik und Rheologie, das beschreibt, wie sich das zeitabhängige Verhalten von Kunststoffen durch Temperaturänderungen beeinflussen lässt. Es basiert auf der Annahme, dass eine Erhöhung der Temperatur eine Beschleunigung der molekularen Bewegungen bewirkt, wodurch sich Prozesse, die bei niedriger Temperatur lange dauern würden, bei höherer Temperatur in kürzerer Zeit abspielen.
In der Praxis wird das Zeit-Temperatur-Verschiebungsprinzip genutzt, um das Langzeitverhalten von polymeren Werkstoffen – etwa Kriechverhalten, Relaxation oder Alterung – in deutlich kürzerer Zeit zu untersuchen (zeitraffende Prüfung). Hierbei werden Prüfungen bei erhöhten Temperaturen durchgeführt und die Ergebnisse mithilfe von sogenannten Masterkurven auf niedrigere Temperaturen und längere Zeiträume extrapoliert. Dies ermöglicht Aussagen über das Verhalten von Kunststoffen unter realen Einsatzbedingungen, ohne dass langjährige Tests erforderlich sind.
Das Prinzip ist besonders relevant für Ingenieure und Wissenschaftler, die unter verschärften Bedingungen Aussagen über die Lebensdauer und Zuverlässigkeit von polymeren Werkstoffen treffen müssen. Auch das weniger bekannte Zeit-Spannung-Verschiebungsprinzip kann eine sinnvolle Alternative bzw. Ergänzung zur zeitraffenden Ermittlung des Langzeitverformungsverhaltens von Kunststoffen darstellen.
Abbildung: Anwendung des Zeit-Temperatur-Verschiebungsprinzips zur Vorhersage des Langzeit-Verformungsverhaltens (Bild: SKZ)